Nach für Viele recht kurzer Nacht, einem guten Frühstück und der Verteilung der 2-seitigen Wanderbeschreibung (Adobe-Acrobat-Reader erforderlich; falls nicht vorhanden, ist hier der Download möglich) sammelten sich 66 Wanderfreundinnen und -freunde vor dem "Haus Mückenbusch". | ||
Ein Rundkurs war geplant, der am Vormittag über den
Reitweiner Sporn bis nach Reitwein führen sollte. Dort
wartete eine Überraschung zur körperlichen
Stärkung und Erholung. Am Nachmittag standen mehrere Varianten des Rückwegs zur Auswahl. Die anspruchsvolle Tageswanderung führt zuerst zurück zur asphaltierten Straße und weiter bergan, bis rechts ein breiter gekennzeichneter Wanderweg (Europa-Wanderweg E 11, der von Holland kommend in die Masuren führt) in nördliche Richtung abzweigt, den die Wandergruppe auf den nächsten Kilometern folgt und dabei den Reitweiner Sporn erreicht. Das ist eine lang gezogene Hügelkette, die steil zum Oderbruch abfällt. Entstanden ist sie als Prallhang der Uroder. Das Gebiet ist von kleinen Tälern durchzogen. Wir wandern auf einer mittelalterlichen Handelsstraße (nachgewiesen durch verschiedene Münzfunde) zwischen Frankfurt (Oder) und Küstrin und queren die Straße nach Klessin, einem kleinen Ort, der 1946 zu Podelzig eingemeindet wurde. Archäologen fanden bei Klessin eine neolithische Siedlung und völkerwanderungszeitliche und slawische Gräber. Früher wie heute spielt die Landwirtschaft eine Rolle. Bekannt ist Klessin durch sein Gut und die schrecklichen Ereignisse Anfang 1945 am Ende des II. Weltkrieges. |
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An der Kreuzung des alten Handelsweges mit der asphaltierten
Straße nach Klessin wird die erste längere Rast
gemacht. Dabei spielt die Verteilung unterschiedlichster
Mittelchen zur Stimulation der Wanderfreude eine große
Rolle. Erstmals reichen diese nicht aus, um allen Wanderfreunden das Weitergehen zu erleichtern. Vier junge Leute haben schon nach den ersten wenigen Kilometern die Nase voll und drehen um. Alle anderen wandern erholt weiter in Richtung Wuhden. |
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Bald ist Wuhden (1950 zu Podelzig eingemeindet)
erreicht und schnell durchquert. Hinter dem kleinen Ort mit nur 38 Einwohnern (1998) kann man in Richtung Osten den Zeisigberg erkennen, ein 13,8 ha großes Naturschutzgebiet mit einer besonderen Pflanzengesellschaft, das 2005 durch den NABU erworben wurde. Im Hintergrund des obigen Fotos ist schon die waldbestandene Spitze des Reitweiner Sporns erkennbar. Dorthin führt der Weg, denn wir wollen ein sehr altes Bodendenkmal besuchen: die slawische Burgwallanlage der Leubuzzi, den Mayas des Oderbruchs, aus dem 7. - 10. Jahrhundert, auch Wallberge genannt, auf dem Reitweiner Sporn. Es war eine dicht besiedelte Volksburg mit ca. 3,4 ha Ausdehnung und ähnlicher strategischer Bedeutung wie die Burgen Lebus und Lossow. Die Anlage mit zwei Plateaus aus Wällen und vorgelagerten Gräben ist nach der Zerstörung auch 1000 Jahre später noch gut zu erkennen und bietet am östlichen Rand einen schönen Ausblick auf das breiter werdende Oderbruch. |
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Durch dichten Buchenmischwald wandern wir weiter und biegen
an einer dicken Eiche nach links ab. Der Weg führt zum
Tränkegrund, einem Hohlweg, an dem früher Quellen
entsprangen. Das Wasser diente zum Tränken des
Viehs. Links und rechts des Weges sind noch eine Vielzahl von deutschen und russischen Stellungen auf engstem Raum zu sehen. Am 2. Februar hatten die sowjetischen Truppen den Höhenzug und den Ort besetzt. Über zehn Wochen lang gab es erbitterte Kämpfe. Marschall Schukow befehligte vom Reitweiner Sporn aus die Schlacht auf die Seelower Höhen vom 16. bis 18. April 1945. Der Befehlsstand der 8. Gardearmee ist auch heute noch zu besichtigen. Der Reitweiner Sporn ist in Deutschland wohl das einzigste Gebiet, wo auf großer Fläche die Narben des Krieges in Form von Lauf- und Schützengräben sowie Geschützstellungen und Unterkunftsbunker so kompakt zu sehen sind. |
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Auf unserer Wanderung nähern wir uns dem Ort Reitwein, schon seit dem vergangenen Jahrhundert
ein regionaler Ausflugsort, bekannt auch durch den
jährlich stattfindenden "Heiratsmarkt", ein traditionelles
Volksfest am ersten Wochenende nach Pfingsten. 1909 fand er zum ersten Mal statt. Ursprünglich diente die kleine Zeremonie zum Geld sparen. Verheiratete Paare mussten nämlich die Gebühr zum Betreten des Tanzbodens - den Tanzgroschen - nur einmal bezahlen. Bis in die sechziger Jahre hinein hatte sich der Heiratsmarkt zu einem richtigen Volksfest entwickelt. In der DDR schlief die Tradition des Heiratsmarktes vorübergehend ein, wurde aber 1983 wieder zum Leben erweckt. Vor der Mittagsrast wird die Ruine der Kirche leider nur von Hubert besucht. Die rote Backsteinkirche steht am Fuß der Reitweiner Berge, umgeben von alten Laubbäumen. August Stüler, ein Schüler Schinkels, hat die denkmalgeschützte Kirche im neogotischen Stil entworfen. Zwischen 1855 und 1858 war die Kirche auf Initiative von Graf Rudolf Finck von Finckenstein in der Nähe seines Herrensitzes erbaut worden. Im Bauwerk sind 63 verschiedene Formsteine verarbeitet, die in einer Reitweiner Ziegelei hergestellt wurden. Fontane hat diese Kirche so stark beeindruckt, dass er sie zeichnete. Die Kirche wurde bei den Kämpfen 1945 stark beschädigt. Nach Kriegsende blieb eine Ruine übrig, die in den 70er Jahren gesprengt werden sollte. Dank der Bemühungen des Gemeindekirchenrates kam es dazu nicht. Inzwischen sind erste Sanierungsarbeiten abgeschlossen und auch der 46 Meter hohe Turm mit Uhren und Glocken ist in alter Pracht fertig gestellt. |
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Eine erholsame Rast mit Essen aus der Gulaschkanone findet
im Park- und Spielgelände Reitweins statt. Wolfgang und Anke haben alles toll vorbereitet. Gulasch mit Nudeln, Erbsen- und Weißkohlsuppe stehen auf der Speisekarte. Bei bestem Wetter wird auf der Wiese gegessen und anschließend geruht. |
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Nach der verlängerten Mittagspause wird zum
traditionellen Gruppenfoto gerufen. Manchem fällt es schon schwer, sich aus der Waagerechten zu erheben, doch schließlich sind alle beisammen. |
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